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SMAlltalk SMA
Die Atmung ist etwas, das wir meist ganz selbstverständlich tun – bis sie schwerfällt. Bei Menschen mit Spinaler Muskelatrophie (SMA) kann die Atemmuskulatur im Verlauf geschwächt werden. Dann wird jeder Atemzug zu einer bewussten Handlung, die Energie kostet. Doch genau hier setzt das Atemtraining an: Es hilft, die eigene Atmung wahrzunehmen, zu verstehen und gezielt zu unterstützen.
Atemtraining ist ein zentraler Bestandteil der physiotherapeutischen Behandlung bei SMA. Es stärkt die Atemmuskulatur – vor allem das Zwerchfell und die Zwischenrippenmuskulatur – und erhält die Beweglichkeit des Brustkorbs. Durch bewusste, vertiefte Atemtechniken können alle Lungenbereiche besser belüftet werden. Das unterstützt die Lungenfunktion, kann eine Beatmungspflicht verhindern oder hinauszögern und Infekten vorbeugen.
Ein wichtiger Bestandteil des Trainings ist auch das Sekretmanagement: Wer lernt, richtig zu husten und Schleim zu lösen, beugt Infekten und Atelektasen (Zusammenfallen eines Lungenabschnitts durch fehlende Belüftung) vor. So trägt Atemtraining entscheidend dazu bei, die Lebensqualität zu sichern – weil Atmen wieder leichter fällt, in Ruhe, bei Belastung und in Erholungsphasen.
Je früher das Atemtraining beginnt, desto besser können Betroffene die Techniken erlernen und im Alltag anwenden. Bei Kindern spielt die Schulung der Angehörigen eine große Rolle: Eltern, Geschwister oder Assistenzen lernen, wie sie unterstützen können, damit das Training regelmäßig und sicher durchgeführt wird.
Typische Atemprobleme bei SMA sind eine eingeschränkte Vitalkapazität und eine Schwäche der Zwischenrippen- und Ausatemmuskulatur. Dadurch bleibt mehr Kohlendioxid in der Lunge, während weniger Sauerstoff aufgenommen wird. Im Verlauf kann es zu einer chronischen Atemschwäche kommen, die das Risiko für Infekte erhöht. Auch ein zu schwacher Hustenstoß führt dazu, dass Sekret in den Atemwegen verbleibt – was wiederum Infekte begünstigt. Hinzu kommen manchmal Veränderungen der Brustkorbform oder Atemprobleme im Schlaf.
In der Physiotherapie werden verschiedene Atemtechniken vermittelt, die individuell angepasst werden. Dazu gehören etwa die Kontaktatmung, bei der die Atmung bewusst gespürt und gelenkt wird, oder die Lippenbremse, die den Ausatemfluss verlangsamt und die Atemwege stabilisiert.
Zur Mobilisierung von Sekret kommen sanfte Vibrationen und Haltegriffe zum Einsatz. Auch gezielte Lagerungen können helfen, unterschiedliche Lungenareale besser zu belüften. Die manuelle Unterstützung beim Husten ist ebenfalls eine wertvolle Technik, um Schleim zu lösen und die Atmung zu erleichtern.
Viele Betroffene profitieren zusätzlich von Hilfsmitteln, die das Atemtraining erleichtern. Dazu zählen:
Diese Geräte ersetzen keine Therapie, können aber eine wichtige Ergänzung im Alltag sein – besonders, wenn sie gemeinsam mit Therapeut*innen ausgewählt und regelmäßig überprüft werden.
Eine bewährte Methode ist das sogenannte Resistive Load Training, bei dem die Atmung gegen einen Widerstand erfolgt. Dadurch werden Kraft und Ausdauer der Atemmuskulatur gestärkt. Studien zeigen, dass sich sowohl die Atemleistung als auch das Atemempfinden bei regelmäßigem Training verbessern können – besonders, wenn früh begonnen wird.
Die wissenschaftliche Datenlage ist zwar noch begrenzt, aber die Praxis zeigt: Entscheidend ist die individuelle Anpassung. Jede und jeder Betroffene reagiert anders, daher muss das Training immer auf persönliche Bedürfnisse abgestimmt sein.
Atemtraining wirkt am besten, wenn es regelmäßig und dosiert durchgeführt wird. Kurze, tägliche Einheiten von etwa 5 bis 15 Minuten sind meist effektiver als lange, anstrengende Sitzungen. Wichtig ist, Überforderung zu vermeiden und Pausen zuzulassen.
Im Alltag lässt sich das Training gut integrieren – etwa morgens nach dem Aufwachen oder abends in einer ruhigen Atmosphäre. Kinder können spielerisch üben, zum Beispiel mit Sing- oder Pustespielen. Entscheidend ist, dranzubleiben. Es ist völlig normal, dass es Tage gibt, an denen das Üben nicht klappt – Hauptsache, man macht am nächsten Tag weiter.
Regelmäßiges Atemtraining hilft, die Atemwege freizuhalten und Infekten vorzubeugen. Zusätzlich sind einfache Hygienemaßnahmen – wie Händewaschen oder das Meiden von Erkältungsquellen – wichtig, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Auch ein gutes Sekretmanagement schützt vor Komplikationen.
Therapeut*innen unterstützen dabei, die richtige Intensität zu finden. Denn zu viel Training kann ebenso schaden wie zu wenig. Das Motto lautet: Weniger ist oft mehr.
Viele Betroffene berichten, dass sich ihr Atem nach regelmäßigem Training „leichter“ anfühlt – der Brustkorb wird beweglicher, die Belastbarkeit steigt, und auch das Gefühl von Sicherheit nimmt zu. Wer seine Atemtechniken kennt, kann sie gezielt einsetzen – in Ruhe, bei Belastung oder bei einem Infekt.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Aufklärung: Wer versteht, warum bestimmte Übungen wichtig sind, macht sie regelmäßiger. Daher sollten Therapeut*innen ausreichend Zeit für Anleitung, Dokumentation und Rückfragen einplanen – am besten mit anschaulichen Hilfen wie Videos oder bebilderten Anleitungen. Auch der Austausch zwischen Betroffenen, Angehörigen und Therapeut*innen kann neue Motivation geben.
Atemtraining ist ein langfristiger Prozess. Verbesserungen zeigen sich oft schrittweise – etwa durch weniger Infekte, eine stärkere Hustenleistung oder eine insgesamt höhere Belastbarkeit. Wenn sich die Atmung verschlechtert oder neue Symptome auftreten, sollte sofort Rücksprache mit dem ärztlichen oder physiotherapeutischen Team gehalten werden.
Atemtraining bei SMA bedeutet nicht nur, Techniken zu erlernen – es bedeutet, den eigenen Körper besser zu verstehen. Jede Übung, jeder bewusste Atemzug kann helfen, die Lunge zu stärken, die Selbstständigkeit zu fördern und die Lebensqualität zu erhalten. Mit Geduld, Anleitung und regelmäßiger Praxis wird das Atmen ein Stück leichter – Tag für Tag.
Gastautorin Jacqueline, Physiotherapeutin
Fortsetzung folgt...
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