

GAST •
AUTOR*IN •
SMAlltalk SMA
Zunächst wurde mein Assistenzbedarf erhöht. Da mein Mann voll berufstätig ist, stand nie zur Debatte, den Alltag ohne Assistenz zu bewältigen – zumindest nicht, solange die Kinder noch klein sind.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich großes Glück mit meiner zuständigen Eingliederungshilfe habe. Natürlich hört man immer wieder von Auseinandersetzungen oder sogar Kürzungen, doch ich hatte bislang das Glück, dass meine Sachbearbeiterinnen meinen vollen Bedarf stets anerkannt und bewilligt haben. Für mich ist es auch sehr wichtig, eine gute Kommunikation zu meinen Sachbearbeitenden zu pflegen. Meine Erfahrung zeigt: Es ist entscheidend, die eigene Lebenssituation nachvollziehbar darzustellen – denn für Außenstehende ist es oft schwer, sich in unsere Lage hineinzuversetzen.
Unser Alltag sieht in etwa so aus: Schon früh am Morgen kommt die erste Assistenz zu uns ins Haus und bleibt bis zum Mittag. Gemeinsam kümmern wir uns um den Haushalt, damit dieser erledigt ist und der Nachmittag ganz den Kindern gehören kann. Bei allen Aufgaben bin ich dabei – schließlich ist es mein Haushalt und wann immer ich kann, packe ich selbst mit an.
Natürlich ist da auch noch mein kleiner Sohn. An zwei Vormittagen pro Woche verbringen wir die Zeit ganz in Ruhe miteinander, denn an den anderen Tagen geht er in die Kita. Die Assistenz arbeitet auf meine Anweisung hin. Natürlich schätze ich es auch, wenn sie eigenständig mitdenkt und erkennt, dass der Geschirrspüler ausgeräumt oder die Wäsche aufgehängt werden muss. Dennoch halten wir es im Alltag so, dass sie nur das tut, was ich ihr konkret auftrage. Denn es ist mein Haushalt, meine Kinder, mein Lebensstil – und letztlich meine Verantwortung gegenüber allem.
Die meiste Unterstützung brauche ich aktuell im Umgang mit meinem Sohn. Er ist gerade ein Jahr alt – ein Alter, in dem es mir aufgrund seines aktiven Verhaltens schwerfällt, ihn allein zu händeln. Ich versuche, so viel wie möglich selbst zu übernehmen: Füttern, die Flasche geben, Wickeln mit Unterstützung, Spielen – und natürlich ihn ganz viel in der Trage bei mir zu haben.
Besonders beim Wickeln bin ich auf Hilfe angewiesen, da der Kleine sehr aktiv und zappelig ist. In der Praxis läuft es so ab: Ich übernehme das Wickeln, während die Assistenz ihn an- und auszieht. Im Notfall würde ich das zwar auch allein schaffen, aber es wäre mit enormem Kraftaufwand verbunden. Deshalb achte ich darauf, meine Kräfte zu schonen, wann immer es möglich ist.
Es ist mir zum Beispiel sehr wichtig, dass ich ihn beim Abholen aus der Kita selbst in die Trage nehme und wir gemeinsam zum Auto gehen. Auch bei Spaziergängen oder beim Einkaufen trage ich ihn meist – entweder in der Tragehilfe oder auf dem Schoß (dann natürlich gesichert mit einem Gurt). Diese Nähe und Bindung sind mir sehr wichtig. Ich achte auch immer darauf, beim Kinderwagen in seiner Nähe zu bleiben, damit er spürt: Mama ist da. Wenn er schläft, ist es mir wichtig, dass ich die Letzte bin, die er vor dem Einschlafen sieht – und die Erste, die er beim Aufwachen erblickt.
Meiner Meinung nach gibt es drei Phasen im Umgang mit Babys:
- Säuglingsalter
In dieser Phase kann ich noch sehr viel selbst übernehmen, weil das Baby noch nicht so schwer ist. Ich kann es problemlos allein auf den Wickeltisch heben.
- Die zweite Phase
Das Baby wird schwerer und aktiver, kann aber noch nicht selbstständig laufen oder klettern. In dieser Zeit kann ich nur sehr wenig allein machen, weil das Baby einfach zu schwer ist, um es vollständig zu heben. Außerdem ist es sehr aktiv und erkennt Gefahren noch nicht selbst.
- Kleinkindalter
Das Kind kann nun klettern, beginnt Gefahren zu erkennen und kommt aktiv auf mich zu – es kann vielleicht sogar schon laufen. In dieser Phase kann ich mich wieder deutlich selbstständiger um das Kind kümmern. Das Kleinkind lernt, mitzuarbeiten und reagiert zunehmend auf meine Anweisungen.
Am Nachmittag bis in den frühen Abend übernimmt die zweite Assistenzschicht. Diese Zeit gehört meistens den Kindern. Als Zweifachmama hat man unter der Woche so einige Termine: Kinderturnen, Ballgewöhnung, Spielverabredungen – und dazu kommen natürlich auch meine eigenen Termine wie Physiotherapie, Mütter-Treffen und ähnliches.
Meine Assistenz übernimmt dann das Toben mit den Kindern. Und ich muss immer fleißig zuschauen, wie die Große klettert – darauf besteht sie. Bei der Dienstplanung achte ich sehr genau darauf, wer für solche Einsätze geeignet ist. Wer kann gut mit Kindern umgehen? Zu welchen Assistenzen haben meine Kinder eine gute Bindung?
Am späten Nachmittag wird gemeinsam das Abendessen vorbereitet und die Kinder werden bettfertig gemacht. Sobald der Papa nach Hause kommt, hat die Assistenz Feierabend und wir essen als Familie zusammen zu Abend. Danach teilen mein Mann und ich uns auf: Ich bringe unsere Tochter ins Bett, weil ich das selbstständig gut schaffe. Ich versuche, sie so gut wie möglich zu unterstützen – denn auch Kinder haben mal keine Lust, sich komplett allein umzuziehen. Aber meine Tochter hat früh gelernt, dass sie vieles allein machen muss. Sie ist mit ihren vier Jahren schon selbstständig – natürlich nur, solange die Laune einer Vierjährigen nicht plötzlich umschlägt und sie sich in eine kleine Hexe verwandelt. 😉
Sie weiß genau, was Mama kann und was Mama nicht kann. Wir lesen dann eine Geschichte, singen zusammen und ich begleite sie so gut es geht in den Schlaf.
Gleichzeitig bringt mein Mann unseren kleinen Sohn ins Bett. Es ist mir sehr wichtig, dass wir genau solche Momente als Familie auch mal ganz ohne Assistenz erleben und genießen können.
Gastautorin Sandra, Jahrgang 1989, SMA Typ III
Fortsetzung folgt...
Hinweis: Erkennbare Markennamen sind willkürlich gewählt und dienen ausdrücklich nicht der Produktplatzierung. Biogen nimmt keinerlei Einfluss auf Umsatzgeschäfte der auf SMAlltalk sporadisch erkennbaren Markenhersteller und es bestehen diesbezüglich keinerlei Erwartungen.
Biogen-266410