Redaktionsteam - Camilla
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JAHRGANG 1971 •
SMA TYP II

Unfälle in der Pflege – Von der Verletzung bis zur Heilung – mein Weg durch den Schmerz

Unfälle passieren im Haushalt, im Straßenverkehr, auf der Arbeit, aber eben auch in der Pflege. Zum Glück trifft es einen selten, aber vor Unfällen ist eben niemand gefeit. Da ich gerade eine Verletzung während der Pflege erlebt habe, möchte ich euch schildern, was passiert ist und welche Auswirkungen es auf meinen Alltag hatte.

 
Ein kleiner Kaktus vor einem rosa Hintergrund.
Ein kleiner Kaktus vor einem rosa Hintergrund.

Eine Sekunde eine falsche Bewegung, wochenlange Schmerzen

Eine wunderbare Assistentin, die seit vielen Jahren bei mir ist, brachte mich vor einigen Tagen ins Bett und griff meine Beine plötzlich – warum auch immer – in einem ganz anderen Winkel. Meine Stopp-Rufe konnte sie nicht schnell genug umsetzen und war schon mitten in der Bewegung. Da sie durch die falsche Grifftechnik viel mehr Kraft brauchte, um meine Beine über die Bettkante zu heben, konnte sie diese Kraft nicht richtig dosieren und überdehnte massiv mein rechtes Knie.

Der Schmerz war unglaublich, und der Schaden war angerichtet.

Dummerweise war es ausgerechnet das Knie, das mir seit Jahren – nach einer schweren Verletzung – sowieso immer wieder Probleme bereitet. Typisch – das ist wohl Murphy’s Law.

Das anschließende Umkleiden und richtige Positionieren war schlimm, aber die darauffolgende Nacht war in Ordnung.

Beim Transfer nutze ich einen Lifter, bei dem mein gesamtes Gewicht auf den Knien liegt. Besser gesagt: Aufgrund meiner anatomischen Gegebenheiten nahezu ausschließlich auf dem rechten Knie. Das bedeutet jetzt, dass jeder Transfer mit dem Lifter – und das sind einige am Tag – eine absolute Horrortortur ist. Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass ich in den letzten Tagen einige Male kurz vor einer Ohnmacht stand, weil mein Kreislauf so dermaßen abgerauscht ist.

Und wie geht es jetzt weiter?

Was tun? Da es keine Möglichkeit gibt, den Transfer anders durchzuführen, bleibt nur die Variante, extrem langsam zu arbeiten. Mein Lifter lässt sich glücklicherweise millimetergenau steuern. Genau das haben wir auch getan – das Anheben aus dem Rollstuhl in die Höhe dauert nun nicht mehr wie üblich drei Sekunden, sondern viele Minuten. Stück für Stück im Zeitlupentempo, mit vielen Pausen.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass auch der Pflegedienst – obwohl er mehrere Klient*innen hat und daher einem engen Tourenplan folgt – sich extrem viel Zeit nimmt und mich nicht unter Druck setzt, schneller machen zu müssen. Aktuell dauert nämlich jeder Pflegeeinsatz etwa dreimal so lange wie sonst.

Jeder, der einen sehr hohen Hilfebedarf hat, weiß, dass man die Kontrolle über seinen Körper nahezu in allen Bereichen an andere Menschen abgeben muss.

Das ist nun mal so – das können wir nicht ändern. Umso wichtiger ist es, sich bei der Auswahl der Menschen, die einen pflegen, vorher genau zu überlegen, ob es Personen sind, die Anweisungen und Bitten adäquat umsetzen können. Bei mir ist das zum Glück der Fall. Alle, die mich pflegerisch versorgen, sind ganz großartig darin, auch Mikro-Management während der Pflege – wie es aktuell notwendig ist – umzusetzen.

Ich erinnere mich noch gut an Situationen von vor vielen Jahren, in denen ich von Menschen umgeben war, die anders gehandelt haben. Sie entschieden teilweise selbst, wie sie welche Bewegungen ausführten und in welcher Intensität. Das hatte zur Folge, dass ich im Falle einer Verletzung nicht nur den Schmerz empfand, sondern auch ein hohes Maß an Angst. Und Angst ist ein ganz, ganz schlimmes Gefühl.

Es gibt vieles, was gut ist und hilft

Bei meinen mich pflegenden Menschen muss ich nie Angst haben. Allein das entspannt und macht die sehr schlimme Situation ein wenig erträglicher.

Auch mein Lebensgefährte ist mir eine sehr große Stütze. Er steht mir nicht nur moralisch zur Seite, sondern hilft auch ganz praktisch dort, wo aktuell einfach zwei Personen notwendig sind – zum Beispiel, wenn es darum geht, mich ins Bett zu bringen. Zudem bin ich sehr froh, dass es gute Schmerzmittel gibt. Auch wenn die Schmerzen bei Bewegungen immer noch fast unerträglich sind und mir von den Medikamenten den ganzen Tag latent übel ist, helfen sie natürlich doch – und wer weiß, wie die Situation ohne sie wäre.

Was mir noch hilft, ist mein Blick auf die Situation und auf den Umgang damit.

Ich weiß natürlich ganz genau, dass die Verletzung sehr schmerzhaft ist, aber im Grunde genommen nichts wirklich Schlimmes darstellt. Es handelt sich vermutlich um eine Überdehnung der Sehnen oder Bänder (das wird der Arztbesuch morgen klären), aber auf keinen Fall um einen Bruch oder etwas Ähnliches. Jeden Tag schreitet die Heilung ein Stückchen voran, und ich weiß, dass Verletzungen dieser Art in meinem Fall etwa sechs Wochen brauchen, um vollständig abzuheilen. Das klingt lang – weil es auch lang ist. Aber dennoch ist der Zeitraum überschaubar.

Während des Transfers im Lifter, wenn der Schmerz besonders heftig ist, rede ich mir innerlich gut zu. Ich vermeide es, mir zu sagen: „Kein Problem“, denn das Gehirn registriert dann nur das Wort „Problem“ und schaltet auf Alarm. Stattdessen sage ich zu mir selbst: „Sei optimistisch.“ Jeder Mensch hat Phrasen, die für ihn gut funktionieren – dies ist meine.

Darüber hinaus hilft es mir – auch wenn es merkwürdig klingt – mir dann, wenn der Schmerz gerade besonders schlimm ist, vor Augen zu führen, dass die Zeit vergeht – und dies zu meinen Gunsten. Das Lied im Radio ist zu Ende, der Zeiger der Uhr bewegt sich nach vorne, der Wind in den Bäumen flaut ab. Kleine Dinge, die aber klar anzeigen, dass ich wieder ein Stückchen näher an der Schmerzfreiheit bin.

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